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Befreiungsschlag und steigende Formkurven

Mit dem Heimsieg am Samstagmittag vor 10.000 Zuschauern gegen den FCA, der seinerzeit mit einem Ausrufezeichen nach dem Sieg gegen Union Berlin anreiste, konnte man den Vorsprung auf einen direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt auf nun vorerst vier Zähler ausbauen. Es war zudem das erste Erfolgserlebnis auf heimischem Geläuf seit dem 20.11.2021, als man Greuther Fürth mit 4:0 schlagen konnte.

Adi Hütter schickte wenig überraschend zum zweiten Mal in Folge die selbe Elf aufs Feld, die bereits auswärts in Bielefeld ein ordentliches Spiel absolvierte. Christoph Kramer stand nach überstandener Corona-Infektion wieder im Kader. Bei den Gästen rutschte Moravek für Arne Maier in die Startformation, der positiv getestet wurde. In Reece Oxford und André Hahn kehrten gleich zwei ehemalige Fohlen in den Borussia-Park zurück.

Kontrolliertes Pressing, erwartet viel Ballbesitz

Augsburg begann die ersten Minuten ziemlich forsch und lief mitunter recht früh und hoch an. Marvin Friedrich hatte in der Anfangsphase etwas Glück, dass sein Pressschlag mit Niederlechner, der aus dem hohen Anlaufen der Gäste entstand, nicht zu kurz für Sommer geriet und vom Schweizer klären konnte. Auch zu beobachten war, dass mehr zur „Borussia-DNA“ zurückgekehrt wurde, wie der österreichische Übungsleiter bereits vor dem Spiel gegen Union Berlin ankündigte.

Bedeutet: Mehr Kontrolle, mehr Geduld mit dem Ball, dosierteres Anlaufen. Mit diesem Ansatz ist die Fohlenelf deutlich vertrauter und fühlt sich damit augenscheinlich entsprechend wohler. Das Pressing wurde etwas tiefer ausgelöst und glich überwiegend eher einem Mittelfeldpressing, das situativ jedoch auch immer wieder mal näher am Augsburger Strafraum stattfand und somit recht variabel wirkte. Im eigenen Ballbesitz schob man sehr hoch, sodass sich die drei Innenverteidiger auf Höhe der Mittellinie aufstellten.

Immer wieder Pléa und Hofmann

Bereits letzte Woche zeigte sich die gute Abstimmung zwischen Alassane Pléa, der sich an diesem Spieltag abermals in herausragender Form zeigte und kaum wiederzuerkennen ist, und Jonas Hofmann. Der Franzose leitete nach Ballgewinn des fleißigen Flo Neuhaus mit seinem Antritt die erste dicke Chance ein, als er den Ball übers Zentrum Richtung Strafraum trieb, den Ball behauptete und anschließend noch das Auge für Hofmann hatte, der allerdings aus halbrechter Position im Strafraum den Ball recht weit am Tor schob.

Beide Beteiligten kamen wieder hinter Embolo als Zehner zum Einsatz und bespielten zumeist den linken respektive rechten Halbraum, waren aber sehr umtriebig und machten viele Meter. Hofmann spielte in Summe aber deutlich näher am Flügel als Pléa es tat.

Besonders erwähnenswert ist, dass der Franzose, laut den offiziellen Statistiken der Bundesliga-Website, gar mit 21 die meisten Zweikämpfe für Borussia an diesem Nachmittag gewann. Hier hat es scheinbar „klick gemacht“, wenn man sich in Erinnerung ruft, wie teilnahmslos die Körpersprache des Angreifers häufig wirkte.

Rechtslastige Fohlen

Die Fuggerstädter waren ihrerseits darauf aus, über die Flügel Torgefahr zu entwickeln, was auch immer wieder gelang. In der 12. Minute hatte Hahn die erste dicke Chance, nachdem Bensebaini die Flanke des aufgerückten Framberger nicht verhindern konnte. Sommer konnte den Kopfball aus kurzer Distanz parieren, doch zeigte dies das primäre Angriffsschema der Gäste an diesem Nachmittag. Kurze Zeit später folgte ein ähnlicher Angriff. Bensebaini unterband die Flanke erneut nicht und im Zentrum köpfte Hahn knapp rechts vorbei.

Quasi im Gegenzug schloss Neuhaus einen Angriff ab, den er selbst aus dem Zentrum mit einer schönen Verlagerung auf Lainer einleitete. Dessen Querpass in den Strafraum zu Hofmann landete am Ende wieder bei Neuhaus, der aus guter Position den Ball mit der Innenseite knapp am kurzen Pfosten vorbeischob und beinahe eine Kopie des Koné-Tores gegen die Bayern im Pokal erzielt hätte.

Überhaupt zielte das Spiel der Gastgeber in erster Linie auf die eigene rechte Seite ab. Schon im Aufbau schob die Kette in vielen Fällen weit nachts rechts, wobei Ginter nicht selten an der Außenlinie klebte und die beiden Sechser sich fallen ließen – teils sogar als Bestandteil der letzten Reihe -, um einfache Anspielstationen im Halbraum beziehungsweise Zentrum vor der Kette zu bieten oder um alternativ den Spielaufbau aus der letzten Reihe selbst anzukurbeln. Lainer positionierte sich auf rechts deutlich vor Ginter und bot den Sechsern, so sie denn abkippten, eine Anspielstation auf dem Flügel, Hofmann agierte halbraum-, Pléa eher zentrumsorientiert „im Entgegenkommen“. Rechts wurde versucht, eine Überzahl zu schaffen und zu überladen, während Bensebaini die Linie links konsequent hielt.

Rechtslastiger Aufbau gegen den FCA
So sah es nicht selten im Aufbau aus. Koné oder Neuhaus ließen sich immer wieder fallen, um den rechtslastigen Aufbau zu unterstützen. Ginter steht fast an der Seitenlinie, Hofmann kommt mit Fokus auf Halbraum / Flügel entgegen und überlädt im Verbund die rechte Seite, Pléa dagegen eher zentrumsorientiert, Bensebaini hält die Linie als Anspielstation für Verlagerungen

Embolo lässt Führung liegen

Weitere Gefahr für das Tor von Yann Sommer entstand nach einer erneuten Flanke – diesmal über die rechte Gladbacher Defensivseite. Vargas brachte den Ball flach und scharf in den Fünfmeterraum, wo Pléa (!) den Abschluss von Gregoritsch per Grätsche (!!) entscheidend behindern konnte.

Kurze Zeit später hatte unsere Nummer 14 wieder die Füße im Spiel: Nach einer beherzten Grätsche, und dem damit einhergehenden Ballgewinn in der Augsburger Hälfte, spielte Lainer einen scharfen Pass auf Pléa ins Zentrum, der ideal in den Laufweg von Embolo klatschen ließ. Dem Schweizer Angreifer versagten allerdings freistehend vor Gikiewicz die Nerven und so blieb es trotz guter Ansätze und vielversprechenden Szenen weiterhin torlos.

Koné köpft ein

Einen weiteren guten Ansatz hatte Borussia nur wenige Augenblicke später. Nach einem guten Diagonalball von Ginter auf den hochstehenden Bensebaini entwickelte sich eine Passstafette, die ins Leere zu laufen schien. Nach etlichen kurzen Pässen von links nach rechts, in den Strafraum und aus dem Sechzehner heraus landete der Ball erneut beim algerischen Außenverteidiger kurz vorm Sechzehner im linken Halbraum. Nach seiner Schusstäuschung schickte er Pléa in die Box. Die butterweiche Flanke verwertete der aufgerückte Koné nach einer halben Stunde per Kopf zur verdienten Führung.

Trotz der Entstehung über die linke offensive Seite wurde Bensebaini vor allem in der ersten Hälfte wenig in die offensive eingebunden. Bei den Auswechslungen beider Außenverteidiger kurz vor Schluss standen für den Algerier 15 Ballaktionen weniger zu Buche als für sein Pendant auf der rechten Seite. Dies lag auch daran, dass es Pléa stets eher Richtung Zentrum zog, während Hofmann zwischen Halbraum und rechtem Flügel pendelte und so Unterstützung anbot. Gut ersichtlich ist dies aus den Heatmaps der jeweiligen Spieler.

Traumstart nach dem Seitenwechsel und schnelles Gegentor

In Hälfte eins konnte man noch monieren, dass in manchen Situation das Tempo zu sehr verschleppt wurde und man bisweilen zu zögerlich und ungenau in den letzten Aktionen agierte. Binnen 25 Sekunden machte man es bereits in Durchgang zwei besser. Nach einem Zusammenspiel zwischen Koné und Bensebaini brachte der Nordafrikaner den Ball gerade noch vor der Grundlinie zurück in den Rücken der Abwehr an den Elfmeterpunkt. Hofmann veredelte technisch anspruchsvoll mit dem schwächeren linken Fuß und schraubte zugleich mit seinem nun schon achten Tor in der Liga in dieser Saison sein persönliches Trefferkonto nach oben.

In der 54. Minute ließ man eine große Kontergelegenheit liegen, als Pléa den Ball nicht zu Hofmann durchstecken konnte, der viel Wiese und keinen direkten Gegenspieler vor sich gehabt hätte bei dem Tempo, das er bereits aufgenommen hatte. Statt einer möglichen Vorentscheidung holte man den FCA wieder zurück in die Partie. Ein Befreiungsschlag von Ginter auf die linke Seite kam postwendend zurück, die Flanke von Hahn konnte Bensebaini nicht verhindern, am zweiten Pfosten schob Iago ein und verkürzte.

Fantastischer Angriff zum 3:1

Unmittelbar nach dem Gegentreffer nahm man wieder das Heft in die Hand und holte sich die Kontrolle über das Spiel zurück. In dieser Phase entstand auch der wohl schönste Treffer. Nach einem Diagonalball von Neuhaus auf Bensebaini ließ man das Leder erneut durch die eigenen Reihen zirkulieren, bis Ginter mit einer Kopie des Neuhaus-Passes wenige Sekunden zuvor Pléa am linken Flügel fand.

Wie gewohnt zog es ihn die Zentrale, wo er zunächst einen Doppelpass mit Embolo spielte und dann auf rechts zu Hofmann, seiner neuen Lieblings-Anspielstation, verlagerte. Hofmann legte zurück für Lainer, der mit einem kurzen Pass Neuhaus einbezog, der den Ball mit Effet direkt an den Fünfmeterraum schlug. Dort entzog sich Bensebaini seinem Bewacher und stellte – ebenfalls per Kopf – den alten Abstand wieder her.

In der Grafik unten kann man sehr gut erkennen, wie die Passivität direkt bestraft wurde. Im Umkehrschluss führte die eigene Phase nach dem Gegentreffer sofort zum dritten Treffer.

Wenige Sekunden unnötiges Zittern

Der Rest ist schnell erzählt. Die Fohlen verwalteten und ließen erneut, wie schon in Bielefeld, einige gute Möglichkeiten liegen, um endgültig den Deckel draufzumachen. Neuhaus und der vor Spielfreude und Tatendrang sprühende Pléa scheiterten innerhalb weniger Sekunden beide am Augsburger Schlussmann. Es war die letzte Aktion des französischen Stürmers, der in seiner etwas hängenderen Rolle aufzublühen scheint und bei seiner Auswechslung vollkommen zurecht mit Sprechchören gefeiert wurde.

Außerdem kam Geburtstagskind Patrick Herrmann zu seinem 317. Spiel in der Bundesliga und auch Christoph Kramer, Luca Netz, Marcus Thurman und Joe Scally durften auch noch ein paar Minuten Spielpraxis sammeln. Alle genannten waren kaum auf dem Platz, da musste man noch einmal kurz zittern. Finnbogason erzielten den zweiten Augsburger Treffer nach Zuspiel von Iago in der 93. Minute.

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