Am Freitagabend eröffneten die Borussen im heimischen Stadion den dreizehnten Spieltag. Dank eines verdienten und zugleich auch ganz wichtigen Heimsieges geht es nun in die Englische Woche, die mit einer Fahrt nach Bochum und – abermals -einem Freitagsspiel gegen die innig geliebte Namenscousine aus Dortmund zwei weitere Herausforderungen bereithält. Beide Gegner duellierten sich am Samstag beim 3:0 Heimsieg der Dortmunder.
Vor dem Anpfiff
Bereits auf der Pressekonferenz unter der Woche ließ Daniel Farke erahnen, dass Jonas Hofmann nach überwundener Schultereckgelenksprengung mindestens eine Option für das Spiel sein wird. Der Heidelberger kehrte gemeinsam mit Manu Koné sogar gleich in die Anfangsformation zurück. Christoph Kramer wurde wie zuletzt von der Sechs auf die Zehn vorgezogen, Koné bildete gemeinsam mit Weigl die Doppelsechs und Hofmann nahm seine Stammposition auf dem rechten Flügel im 4-2-3-1 ein.
Bedingt durch die Umstellungen nahmen Kapitän Lars Stindl sowie Nathan Ngoumou vorerst auf der Bank Platz. Da Nico Elvedi nicht rechtzeitig fit wurde, durfte Fußballgott Tony Jantschke nach fast zehn Monaten wieder einmal von Beginn an ran. Spoiler: Die Zuverlässigkeit in Person lieferte einmal mehr genauso zufällig seine Leistung ab, wie man es von ihm kennt.
Die Gäste blieben ihrem 4-4-2 unter Trainer Michael Wimmer zwar treu, stellten aber mehrmals um im Vergleich zur Vorwoche. Hatten beim Spiel gegen Augsburg noch Zagadou und Ito die Innenverteidigung gebildet, so hieß das Pärchen diesmal Mavropanos und Anton, der von der Position des Rechtsverteidigers ins Zentrum rückte. Seine Position wurde von Stenzel übernommen. Mit Tomás anstelle von Katompa Mvumpa wurde die rechte Seite der Schwaben gänzlich neu besetzt.
Hofmanns Traum-Comeback
Der Zeiger hatte kaum vier Umdrehungen hinter sich, als Jonas Hofmann sein Comeback mit einem sehr sehenswerten Treffer bereits frühzeitig im Spiel krönte. Der VfB lässt die Borussen bis hinter die Mittellinie gewähren und versucht, tief zu verteidigen und kompakt zu stehen. Da sowohl der deutsche Nationalspieler als auch Alassane Pléa immer wieder den Weg über die Halbposition ins Zentrum suchen, ist es an den hochstehenden Außenverteidigern Scally und Bensebaini für die nötige Breite zu sorgen.
Genau dies war auch der Ausgangspunkt für den Treffer. Friedrich versucht richtigerweise, das Spiel auf den linken Flügel zu verlagern, wo Bensebaini viel Raum hat, da sich Stenzel auf Pléa konzentriert, der einen diagonalen Lauf ins Zentrum startet. Zwar wird dieser Ball von Stenzel im Zurücklaufen vorerst noch abgefangen, doch Pléa sichert den den zweiten Ball und somit den Ballbesitz.
Die Fohlen lassen den Ball auf dem linken Flügel und den Halbposition kurz und schnell wunderbar laufen. Zunächst Richtung Mittellinie orientiert „lockert“ man den Block der Stuttgarter etwas auf, die versuchen, die Abstände zwischen den Ketten möglichst gering zu halten und nicht nach vorne verteidigen, sondern sich etwas fallen lassen. Mit dem siebten Pass dieser Kombination ist es Bensebaini möglich, Pléa in die Tiefe zu schicken, der sich seinem Bewacher Endo entziehen kann und Richtung Grundlinie startet.
Hofmann ist dabei stets im Raum zwischen dem zweiten Sechser, Ahamada, und des Außenspielers Chris Führich. Bei der Hereingabe des Franzosen zieht er mit Tempo in den Strafraum und keiner der beiden genannten Gästespieler nimmt seinen Lauf auf. Sosa versucht anschließend noch, den Schuss zu blocken und orientiert sich Richtung Hofmann, ist aber ebenfalls zu spät dran, um noch einzugreifen. Der technisch hochwertige Abschluss ist das Sahnehäubchen auf diesem Angriff.
Immer wieder über links
Auch nach dem Treffer änderte sich wenig. Borussia war gewohnt um Spielkontrolle und Ballbesitz bemüht. Stuttgart versuchte, den Spielaufbau mal mehr, mal weniger energisch zu stören. Presste der VfB situativ recht hoch, so versuchte man dem durch breites Auffächern der Innenverteidiger entgegenzuwirken. Beide Stürmer der Schwaben orientierten sich in der Regel Richtung Friedrich und Jantschke.
Durch die breite Positionierung hatten die Gladbach-Sechser immer wieder die Möglichkeit, sich kurz anzubieten und für einen geordneten Spielaufbau zu sorgen, da die Zentrumsspieler von Trainer Michael Wimmer nicht konsequent hochschoben. In der zehnten Minute bot sich Bensebaini, der seinen Offensivdrang voll ausleben konnte, eine Chance, die Führung zu erhöhen.
Immer wieder ergaben sich auf der ballfernen Seite Räume, die mit präzisen Pässen angespielt werden konnten – selbst wenn Pléas Flanke erst über Umwege beim Algerier landete. Stuttgart verschiebt im Block auf die Seite des ballführenden, die Fohlen bringen ihrerseits viele Spieler im Zentrum Richtung Strafraumrand, die Gegenspieler binden. Mavropanos orientiert sich zu Thuram,
Stenzel hat Koné im Blick, der ebenfalls nach vorne drängt. In seinem Rücken öffnet sich für Gladbachs Nummer 25 der Raum. Ähnlich wie bei der Entstehung des ersten Tores war ein Pass auf die gegenüberliegende Seite Ausgangspunkt für eine große Chance. Die tolle Direktabnahme konnte Müller entschärfen.
Außerdem schaffte man es insbesondere in der Anfangsphase, die Gäste immer wieder zu langen Bällen zu zwingen, indem man selbst hoch anlief und Druck ausübte. Nicht selten gab Christoph Kramer das Kommando zum Auslösen des Pressings.
Im Anschluss an die Chance Bensebainis war der VfB per Abstoß in Ballbesitz. Mavropanos kann den Ball nur kurz zu Stenzel spielen, wo sich Pléa bereits zum Anlaufen bereitmacht, oder ihn lang schlagen. Durch das geschlossene Herausrücken der Mannschaftsteile ist die Borussia in dieser Szene und diesem Ausschnitt sogar in Überzahl. Der lange Ball kann schlussendlich nicht gesichert werden und landet bei den Gästen mit Brustring, die dadurch selbst zu einer brandgefährlichen Angriffssequenz kommen.
Wenig überraschend, und wie im Vorbericht angekündigt, trägt der Gast den Großteil seiner Angriffe über Sosa vor, der unentwegt auf dem Vormarsch ist. Hieraus resultiert in der Folge auch eine Gr0ßchance der Schwaben, die immer wieder Überzahl auf dem linken Flügel erzeugen und Sosa freispielen wollten, was auch häufig gut gelang. Durch den Ballgewinn von Endo nach dem langen Ball aus oben gezeigtem Pressingbeispiel ist die erste Gladbacher Linie überspielt, da Borussia den Ball nicht behaupten kann.
Hofmann nahm infolge dessen Endo auf und stellte den direkten Passweg zu Guirassy zu. Durch den Ball auf die linke Seite und den Antritt von Sosa steht Scally 1vs2. Als Hofmann den weiten Weg zurückgelegt hat und Führich stören kann, wird der kroatische Linksverteidiger freigespielt. Dessen Flanke auf den Kopf von Guirassy wird von Tomás am zweiten Pfosten noch einmal scharf gemacht, aber landet glücklicherweise nur auf dem Tornetz. Dieses Muster war erwartungsgemäß noch einige Male während des Spiels zu beobachten. Beide Teams agierten insgesamt ähnlich linkslastig in ihren Angriffen. Gladbach trug das Spiel über 45% seiner Angriffe über den linken Flügel vor, bei Stuttgart war es mit 43% nur ungleich weniger.
Wie schön darf ein Tor sein?
In einem munteren Beginn hatte anschließend Pléa den zweiten Treffer auf dem Fuß. Die Entstehung ist dabei beinahe baugleich zur Direktabnahme von Bensebaini. Wiederholt wird der Ball, diesmal von Kramer, an den zweiten Pfosten gespielt. Stenzel reagiert nun auf den Ball, müsste diesen aber im Rückwärtslaufen klären, was nie optimal ist, springt unter dem Ball durch und bringt dadurch Pléa in eine hervorragende Schussposition. Müller pariert aber auch hier den Abschluss.
Heiß her ging es nach dieser Aktion. Pléa beschwerte sich darüber, dass Stenzel ihn beim Abschluss gehalten hat, was Schiedsrichter Jöllenbeck durchgehen ließ, da der Angreifer sauber zum Schuss kommen konnte. Von Glück reden kann Ramy Bensebaini, der sich in ein tête-à-tête mit Anton verwickeln ließ und ihn dabei mit dem Arm im Halsbereich traf. Es wäre sicherlich auch vertretbar gewesen, hätte die Karte einen anderen Farbton gehabt.
Der zweite Treffer des Abends sollte Balsam für jede Fußballer-Seele sein, die sich an schnellem und direktem Kombinationsspiel erfreut. Nach einem Sippel-Abstoß macht Kramer den Ball in der gegnerischen Hälfte fest. Es folgt eine wunderschöne Passstafette vom Zentrum auf die linke Seite, zurück ins Zentrum, dann hintenrum über die Innenverteidigung und wieder zu Sippel, der den Angriff mit einem scharfen Pass durchs Zentrum wieder beschleunigt.
Scally leitet auch mit viel Tempo umgehend zu Thuram weiter. Der Franzose lässt klatschen und legt ab auf Bensebaini, der ebenfalls mit einem direkten Zuspiel Pléa auf der linken Halbposition einbindet. Dessen Außenrist-Assist auf seinen Landsmann, der sich geschickt in der Schnittstelle der Innenverteidigung bewegt und sich so anbietet, ist einfach eine Augenweide. Mit insgesamt 15 Pässen gelangte man von der gegnerischen Hälfte zurück zum eigenen Torwart und schlussendlich zum Torerfolg. Pléa legte Thuram den achten Treffer des Kalenderjahres auf, womit man den Rekord von Müller und Lewandowski einstellte.
Tomás verkürzt vor der Pause
Einen kurzen Aufrege gab es noch vor der Pause, als Scally einen Elfmeter einforderte, den er zurecht nicht bekam. Ausgangspunkt war wieder einmal ein diagonaler Ball von Friedrich auf die linke Seite. Der zweite Ball landete bei Pléa, der wieder einmal sein Auge unter Beweis stellte und mit einem grandiosen Pass in die Tiefe den US-Amerikaner freispielte, der nach seinem Diagonallauf Müller nicht mehr richtig umkurven konnte. Wenige Minuten später traf der Gast nach einem Angriff über die linke Seite.
Sowohl Scally als auch Hofmann nehmen das Tandem Sosa / Führich an der Seitenline auf. Sosa kann abdrehen, wenige Schritte ins Zentrum ziehen und Tomás anspielen. Der Portugiese erkennt mit einem Blick, kurz bevor er den Ball erhält, dass er mit einer Drehung Richtung Mitte Platz haben sollte. Er orientiert sich mit einer kurzen Auftaktbewegung Richtung Grundlinie, worauf Friedrich reagiert und die Linie zumachen will. Als sich der Angreifer nun technisch hochwertig ins Zentrum bewegt, hat er daraufhin freie Schussbahn und vollendet in die lange Ecke.
Ausgleich? Vorentscheidung? Herrmann!
Der zweite Abschnitt verlief erst einmal identisch. Verlor man gegen Ende der ersten Halbzeit etwas den Faden, so fing man sich nun wieder und sammelte fleißig Ballbesitz ohne Hochkaräter herauszuspielen, die man aber auch gleichermaßen den Gästen nicht gestattete. In der Schlussviertelstunde erhöhte Stuttgart nochmals die Schlagzahl.
Initialzündung war ein Fehlpass Konés, mit dem die Schwaben zum Konter eingeladen wurden, der in höchster Not und mit gemeinsamen Kräften verteidigt werden konnte. Führich war bereits nach einem Flugball auf die linke Seite im Strafraum nach innen gezogen und konnte in letzter Sekunde noch geblockt werden. In den finalen zehn Minuten war Daniel Farke gezwungen, nochmals umzubauen. Für Jantschke war angeschlagen in der 81. Minute Schluss. Ersetzt wurde er durch den etatmäßigen Kapitän Lars Stindl und Kramer rückte, polyvalent wie er ist, von der Position hinter Thuram neben Friedrich in die Kette.
Damit hatte er auch gleich beste Sicht auf den wohl wichtigsten Moment des Abends. Über Vagnoman sowie Endo und Silas gelangte der Ball zu Tomás, der gegen Bensebaini zur Flanke kam. Im Zentrum läuft der aufgerückte Endo auf den ersten Pfosten, Guirassy fordert den Ball, taucht nach einem Lauf zentral im Fünfmeterraum auf und kommt aus kürzester Distanz ungehindert zum Torschuss. Friedrich orientiert sich zu Endo, der sich in Kramers Rücken freistiehlt, Scally kommt nicht mehr in den Zweikampf und am Ende hat man ganz viel Glück, dass Sippel den Ausgleich vereiteln kann.
Praktisch im Gegenzug bot sich die Chance, das Spiel zuzumachen und sieben Minuten vor Schluss für einen niedrigeren Ruhepuls zu sorgen, als Silas als letzter Mann den Ball verstolperte und Hofmann gemeinsam mit Thuram ganz viel Wiese vor sich hatte. Vielleicht fehlte nach 83 Minuten und der längeren Verletzung etwas die Konzentration. Mit seinem Pass Richtung Thuram schickte er diesen jedenfalls in Abseitsposition und man vergab leichtfertig die Vorentscheidung.
Umso größer war die Erleichterung als Publikumsliebling Patrick Herrmann wenige Sekunden nach seiner Einwechslung von Koné auf dem rechten Flügel auf die Reise geschickt wurde, das Sprintduell gegen Sosa gewann und wie in alten Tagen den Ball perfekt neben den Pfosten setzte. Es folgte pure Erleichterung und ein sichtlich emotionalisierter Herrmann, der zurecht kaum noch zu bändigen war und gemeinsam mit Tony Jantschke dem Spiel seinen Stempel aufdrückte.